„Nach der Hinrunde könnte auch Schluss sein“ – so bewertet Fußball-Chef Hans-Otto Matthey die Lage

„Nach der Hinrunde könnte auch Schluss sein“ – so bewertet Fußball-Chef Hans-Otto Matthey die Lage

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Corona legt den Amateursport noch bis mindestens Ende des Jahres lahm. Wie bewertet der Fußball-Kreisvorsitzende Hans-Otto Matthey die Lage?

Herr Matthey, Anfang November hatten führende Fußball-Funktionäre auf Drängen der Basis einen Appell an die Politik gerichtet, bundesweit den Trainingsbetrieb vor allem für Kinder und Jugendliche unter freiem Himmel wieder zuzulassen. Wie stehen sie dieser Forderung gegenüber?

Natürlich würde auch ich mich freuen, wenn die vielen Jugendlichen aus unseren Vereinen möglichst schnell wieder auf den Platz dürfen. Wir verlieren in dieser Zeit viele Spieler. Wir verlieren soziale Kontakte. Und trotzdem halte ich es nicht für sinnvoll, den Trainingsbetrieb jetzt wieder zuzulassen. Es gibt sicher sehr gute Hygienekonzepte. Für die Umsetzung braucht man aber jede Menge Helfer. Das können viele kleinere Vereine gar nicht leisten. Zudem sind sich ja auch nicht alle einig in dieser Angelegenheit. Von daher macht eine Wiederaufnahme des Trainingsbetriebes zum jetzigen Zeitpunkt unter diesen Umständen absolut keinen Sinn.

Kommen wir mal zur aktuellen Saison. Einige Punkte in den Durchführungsbestimmungen des Westdeutschen Fußballverbandes haben für Diskussionen gesorgt. Unter anderem heißt es dort: Kann aufgrund der Coronavirus-Pandemie das Spieljahr nicht beendet werden, sind aber mindestens 50 % der Spiele einer Gruppe durchgeführt, so entscheidet der Tabellenstand unter Anwendung einer Quotientenregelung über Meister, Auf- und Absteiger. Ist das in Ihren Augen eine gerechte Lösung?

Grundsätzlich ist die 50-Prozent-Regel ein guter Ansatz. Eine Quotientenregel ist vermutlich auch mathematisch der einzig gangbare Weg. Die Formulierung des WDFV ist aber an der Stelle etwas unglücklich. Wenn hier von 50 Prozent der Spiele die Rede ist, die die gesamte Gruppe und nicht jede einzelne Mannschaft bei einem eventuellen Saisonabbruch absolviert haben muss, damit die Saison gewertet werden kann, klingt das schon sehr unfair. Im Abstiegskampf könnte es ja zum Beispiel so kommen, dass eine Mannschaft bei Abbruch schon zweimal gegen den Tabellenführer gespielt hat, eine andere aber noch gar nicht und nur deswegen den besseren Quotienten hat.

Was macht denn mehr Sinn?

Wir im Kreisfußballausschuss, dessen Vorsitzender Andreas Meermann ist, sind uns in diesem Punkt einig. Wir wollen möglichst die ausgefallenen Spiele schnell nachholen und dann hoffen wir, dass wir in den Kreisligen zumindest die Hinserie komplett schaffen, sodass jeder einmal gegen jeden gespielt hat. Bis wann das dauern wird, das hängt natürlich davon ab, wann die Politik uns erlaubt, wieder zu spielen – und jetzt im Winter natürlich auch vom Wetter. Und wenn wir die Hinrunde geschafft haben, müssen wir die Situation neu bewerten.

Das heißt?

Wir müssen dann überlegen, ob es Sinn macht, die Saison noch fortzusetzen. Wenn wir alle Spiele der Hinrunde erst Mitte April geschafft haben, dann würden wir die Saison beenden und auch werten. Spielen wir dann stattdessen weiter und schaffen vielleicht 60 oder 70 Prozent der Spiele bis zum offiziellen Saisonende am 30. Juni, dann wäre das sicher nicht gerechter. Wir würden dann wohl auch nur die Hinrunde werten können. Man darf in dem Zusammenhang nicht vergessen, dass wir in der vergangenen Saison auch Glück hatten, dass das mit der Quotientenregelung so fair geklappt hat. Da gab es kaum Härtefälle. Wir hatten im Kreis nur einen strittigen Tabellenstand. Da haben wir aus Gründen der Fairness einen zusätzlichen Aufsteiger zugelassen. Das war in der Kreisliga B bei TuS Sythen und ETuS Haltern der Fall.

Wenn die Saison schon im April endet, was machen die Vereine dann in der restlichen Zeit bis zur Sommerpause?

Den Mai oder Juni könnte ich mir gut für Stadtmeisterschaften, Turniere, Freundschafts- oder Kreispokalspiele vorstellen. Und dann kommt ja ohnehin bald die Sommerpause.

Ist ein solches Modell Ihrer Meinung nach auch für die überkreislichen Spielklassen praktikabel?

Auf jeden Fall. Wir müssen ja sowieso immer das Gesamtpaket in Westfalen betrachten. Es macht ja wenig Sinn, wenn wir in einigen Spielklassen Auf- und Absteiger haben, in den Ligen darunter oder darüber aber nicht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass zum Beispiel die Oberliga Westfalen bis zum 30. Juni alle 42 Spieltage hinbekommt. Da wäre es auch eher praktikabel, eine komplette Hinrunde zu spielen und dann zu werten.

Aktuell befinden sich die Fußballer ja in einer etwas vorgezogenen Winterpause, die ja manchmal auch zu Vereinswechseln genutzt wird. Ändert sich hier etwas für wechselwillige Spieler?

Es gibt einige Fristen und Bestimmungen, die wegen der Corona-Pandemie angepasst wurden. Schon im Sommer hatte man das Ende der Wechselperiode I vom 31. August auf den 5. Oktober verschoben. Spieler, die beim Vereinswechsel keine Freigabe hatten, waren in der Vergangenheit ab dem 1. November spielberechtigt, jetzt erst ab dem 1. Januar 2021.

Wie verhält es sich bei Vereinswechseln mit der so genannten Sechs-Monats-Frist?

Spieler können grundsätzlich sechs Monate nach ihrem letzten Spiel auch ohne Zustimmung des abgebenden Vereins ein Spielrecht für einen neuen Verein bekommen. Aktuell ist die Saison unterbrochen. Die Zeit der Unterbrechung wird nicht auf die sechs Monate angerechnet. Die Frist wird erst in Gang gesetzt, wenn wieder gespielt werden kann.

Kommen wir zum Schluss noch zu Ihrer Arbeit im Kreisvorstand. Wie sind Sie denn in diesem Bereich aktuell aufgestellt?

Wir sind im Vorstand momentan nur zu sechst, müssten aber zu acht oder besser zu neunt sein. Dadurch haben einige gleich mehrere Aufgaben übernehmen müssen, weil uns einfach die Leute fehlen. Ich habe oft das Gefühl, dass vielen einfach der Mut fehlt, bei uns mitzumachen. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn mehr junge Ehrenämtler bei uns mithelfen würden. Auch eine Frau haben wir seit fast zehn Jahren nicht mehr im Vorstand gehabt. Die Welt verändert sich. Das Ehrenamt verändert sich. Auch die Basisarbeit ist eine andere geworden.

Quelle: Olaf Nehls/24 Vest